Seit dem September 2014 nehme ich eine Psychotherapie in Anspruch und bin froh diesen Schritt gesetzt zu haben. Heute weiß ich, dass ich es mir selbst unglaublich schwer gemacht hatte auf eine notwendige Hilfe zurückzugreifen.
Trotz einer nicht alltäglichen Krankengeschichte hatte ich über psychotherapeutische Unterstützung lange Zeit nicht ernsthaft nachgedacht. Im Jahr 1986 konnte eine akute Leukämie nach umfassender Chemo- und Strahlentherapie geheilt werden. 2001 kam es zur ersten Schädel-OP, nachdem eine Kavernomblutung epileptische Anfälle verursacht hatte. Weitere sieben Jahre später wurde dann ein atypisches Meningeom diagnostiziert. Durch zwei OP’s und mehrfache Strahlentherapien konnte der Tumor bislang unter Kontrolle gehalten werden. Es folgten Ende 2013 generalisierte epileptische Anfälle und wurde kurz darauf ein Gewebeschwund des Sehnerves (Optikusatrophie, Skotom) diagnostiziert.
Trotz alledem bin ich davon überzeugt, dass der nun gesetzte Schritt zu einer Psychotherapie keinesfalls ausschließlich mit meinem Krankheitsverlauf in Zusammenhang steht. Diese Erkenntnis ergibt sich aus vorangegangenen Gesprächen mit Psychologen und Psychotherapeuten. Diese kamen meist zu dem Schluß, dass das Jahr 2008 zwar einen Einschnitt aber nicht unbedingt einen Wendepunkt in meinem Leben dargestellt haben dürfte.
So beschenigte mir ein anerkannter Psychologe im Jahr 2012 unter anderem …
- ein organisches Psychosyndrom
- eine negative, ängstliche und depressive Grundeinstellung
- Konzentrationsschwächen, Vergessichlichkeit und Antriebslosigkeit
- sowie eine Sozialphobie
Dennoch war ich zum damaligen Zeitpunkt nicht bereit eine Therapie in Anspruch zu nehmen. Ich konnte meinen Job nachgehen, wenngleich ich eine zunehmende Veränderung an mir beobachten musste. Aufgrund der Konzentrationsschwäche mied ich es neue Aufgaben übernehmen zu müssen, versuchte aber dies auf quantitativer Ebene auszugleichen – womit ich mir aus übertriebenem Pflichtbewußtsein einen erheblichen Stress bescherte. Die daraus resultierenden Kopfschmerzen und Schlafstörungen versuchte ich zu verdrängen und mit Medikamenten nachzuhelfen.
Nachdem sich in meinem Krankheitsverlauf ab Ende 2013 ein Handlungsbedarf und zunehmende psychische Anspannung einschlichen sprach ich meine Hausärztin auf einen psychosomatischen Kuraufenthalt an. Ein solcher Antrag wurde eingebracht, zugleich von meiner Seite aber auch schon wieder in Frage gestellt. Letztlich kam es nach einigen Monaten zu einer Ablehnung von Seiten der Sozialversicherung, welcher man mit entsprechenden zusätzlichen Befunden durchaus begegnen hätte können. Aber ich wollte doch selbst gar nicht mehr …
Im Sommer 2014 spitzte sich die Situation weiter zu. Im Zuge einer verminderten Belastbarkeit redete ich mir ein, mich zum „funktionieren“ zwingen zu müssen. Es war nicht ausschließlich die Arbeit selbst als vielmehr die gesteigerte Reizbarkeit im Alltag, die mich immer mehr belastete. Ich leide darunter, dass ich aus meiner eigenen Wahrnehmung heraus vielen meiner Mitmenschen ungewollt ein Schauspiel abliefere. Wenn dieses nicht hinterfragt wird bin ich der emotionsarme Pragmatiker und mein wahres Seelenleben bleibt verborgen. Ja, ich bekenne mich dazu ein friedliebender Mensch zu sein – doch kann ein zu beharrliches Vermeiden jedes Konflikts in der heutigen Gesellschaft offenbar in einer Selbstaufgabe münden.
Es ist nun aber soweit, dass ich eine Psychotherapie begonnen habe, welche voraussichtlich auf längere Zeit angelegt sein wird. Ich strebe innerlich jedenfalls danach eine psychische Stabilität soweit möglich wiederherzustellen. Weitere Details zur Psychotherapie werden auf meningeom.at voraussichtlich nicht erscheinen.
In zwei ausführlichen Gesprächen mit einem Psychiater im Herst 2014 konnte ich meine psychischen Probleme vorbringen.
In dem ärztlichen Befundbericht finden sich die (ICD 10) Diagnosen …
- F33.2 „rezidivierende depressive Störung, gegenwertig schwere Episode ohne psychotische Symptome“,
- F60.6 „ängstliche, vermeidende auch selbstunsichere Persönlichkeitsstörung„
und der Hinweis auf ein „Defizit in der sozialen Kompetenz„, „einer chronifizierten gedrückten Stimmungslage“ sowie einer „massiven Affektdissoziation“.
Im April 2015 wurde bestätigt, dass „etliche Hinweise auf das Zutreffen des Asperger Syndrom (F 84.5)“ bestünden. Einige Gedanken zu der Verdachtsdiagnose habe ich unter aspie.labut.at zusammengefasst.
Eine „sorgfältige, intensive psychotherapeutische Begleitung“ sei angebracht.